In der Figur der Wasserfrau stoßen zwei extreme Positionen von Weiblichkeitsentwürfen aufeinander. Einerseits die reine Jungfrau, die Heilige, auch heilige Hausfrau (the angel in the house); andererseits die dämonisierte femme fatale, die sündige Eva, die Liebessüchtige und auch die Undine.

Undine, die aus dem Wasser kommt und wieder ins Wasser geht, die Liebende, die Verführerin und Verführte, die Verratene, die einen liebt mit Namen Hans oder Huldbrand oder immer wieder Hans, die an den Ordnungen der Menschenwelt scheitert, unerbittlich ihrem eigenen Gesetz folgt, ihrem Element treu bleibt, in dem niemand sich ein Nest baut, wie Ingeborg Bachmann schreibt.

In unserer Darstellung werden wir uns hauptsächlich auf die Epoche der Romantik mit ihrem Rekurs auf das Märchen von de la Motte Fouqué konzentrieren, um dann gleich ins 20. Jahrhundert hinüberzuwechseln mit zwei Interpretationen der Undine, einmal von dem französischen Dramatiker Giraudoux und zum anderen von der österreichischen Autorin Ingeborg Bachmann in einem Monolog der Undine auf radikale Art und Weise zum Ausdruck gebracht.