Pressetext:

Der Vater schrieb Briefe, hinter dem Fluss fuhren die Züge in einen Tunnel, dahinter begann der Krieg (Inge Buck)

Am 24. September kommt die Bremer Autorin Inge Buck erneut zu einer vielversprechenden Lesung in die Rotenburger Cohn-Scheune, diesmal mit ihren Kollegen Mathias Groll, Siegfried Marquardt und Hartwig Struckmeyer. Alle vier sind „Kriegskinder“, zwischen 1934 und 1940 geboren, und haben den Zweiten Weltkrieg als Kinder erlebt.
Ihre Erinnerungen an diese sie tief prägende Zeit haben sie nun in Gedichte und kurze Prosatexte gefasst. Eingebrannte Geräusche und Bilder kommen nach über 70 Jahren zur Sprache. Das Heulen des Fliegeralarms, das Schießen der Flak, das Pfeifen der Bomben, ihre Detonation. „Die Alarmsirenen hatten vier Stufen: Voralarm, Hauptalarm, Akute Luftgefahr und Entwarnung“, weiß Hartwig Struckmeyer noch. Luftschutzkeller, Todesangst. Frühe Furchtlosigkeit. „Als die Städte brannten / verstand ich nicht / dass die Wahrscheinlichkeit zu sterben / hoch war. / So blieb ich ein furchtloses Kind“, erinnert sich Mathias Groll. Die Kriegspiele der Kinder im Krieg. Das Spiel Wer-hält-den-Hunger-am-längsten-aus? Inge Buck: „Das Kind, das ich war ... das in der Schule / ein Lob bekam / und für das zehnte Lob / ein Soldatenbild.“ Die Mutter, die neben ihrem eigenen Kind auch ein Flüchtlingskind stillt. Der Überlebenswille. „Krieg will Tod / Doch das Leben kennt Kräfte / die der Krieg nicht kennt“, ist sich Mathias Groll sicher. Humane Begegnungen mit einem russischen Kriegsgefangenen oder einem französischen Soldaten aus Marokko. Die vom aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrten Vater inszenierte Weihnachtsfeier 1947 im Wald, mit Heu und brennenden Kerzen fürs Wild (Siegfried Marquardt).

„Kriegskinder“ schreiben über den Krieg, sie schreiben über das Kind, das sie waren, aus dem Blickwinkel des Kindes mit dem Wissen von heute. Es ist eine Gratwanderung zwischen Erzähltem und Nicht-Erzählbarem, zwischen Lebensgeschichte und Zeitgeschichte, zwischen Schweigen und Schreiben.

Das Buch Aus dem Gepäck der Kriegskinder hat Inge Buck herausgegeben, es versammelt acht Autorinnen und Autoren. „Aber Zeitzeugen sterben aus“, sagt sie. „Inzwischen sind wir nur noch vier ‚Kriegskinder‘, die ihre Texte in einer öffentlichen Lesung zu Gehör bringen können.“ Die Erinnerungen der abwesenden und verstorbenen Zeitzeugen sind jedoch nicht verloren, sie sind aufbewahrt und nachzulesen in dem Buch.
Das Buch ist 2015 im Verlag Edition Falkenberg erschienen, der seinen Sitz in Rotenburg/Wümme hat, und kostet € 14,90.

Musikalisch begleitet wird die Lesung am 24. September von Ortrud Staude, Akkordeon.