mein nächstes erstes wort

Inge Buck

EINFÜHRUNG
Zur Bremer Buchpremière
Magdalena Stárková
"mein nächstes erstes wort"
Gedichte.
Mit Zeichnungen von Marie Krappmann
Sujet Verlag, Bremen 2020
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1.
Magdalena Starkova lernte ich bei einer meiner Lyrik-Lesungen in Bremen kennen. Nach der Lesung kam sie überraschenderweise auf mich zu und fragte mich, ob sie einige Gedichte von mir ins Tschechische übersetzen könnte.
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Zeit ging darüber hinweg und als ich 2017 ein Literaturstipendium der Stadt Prag erhielt, war Magdalena wieder da und lud mich ein in ihre Heimatstadt Olomouc – 2 ½ Stunden entfernt von Prag - zu einer gemeinsamen Lesung. Sie hatte Gedichte von mir ins Tschechische übersetzt und wir lasen gemeinsam in zwei Sprachen: Gedichte über Städtebilder und Jahreszeiten, Abschiede und Schreiben, über Ankommen, Gehen und Bleiben.
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2.
Magdalena Stárková ist eine Wanderin zwischen Orten, Sprachen und Kulturen. Aufgewachsen im tschechischen Olomouc, studierte sie dort an der Palacký-Universität polnischen und englischen Philologie und Judaistik und in Budapest an der Central European University Jewish Studies.
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Seit 2014 lebt Magdalena Stárková in Bremen als Autorin und literarische Übersetzerin. Ihre Gedichte erschienen in zahlreichen tschechischen Literaturzeitschriften, zudem auch ihre Gedichte in italienischer Sprache.
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2012 und 2013 erschienen in Prag ihre beiden ersten Lyrikbände mit Illustrationen von Marie Krappmann. Und 2015 folgte eine Sammlung ihrer Kurzgeschichten. Die erste deutschsprachige Veröffentlichung ihrer Gedichte erschien 2018 in der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“.
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3.
Was mich mit Magdalena Stárková verbindet ist die Lyrik. Oft sind ihre Gedichte komprimierte Geschichten, die sich aus Augenblicken oder Gesten entwickeln. Begegnungen, die beides zugleich sind: Ankunft und Abschied, Nähe und Fremdheit, Liebe und ihr in Frage stellen. Scheinbar mit leichter Hand geschrieben, entfalten sich ihre Gedichte oft erst bei mehrmaligem Lesen.
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4.
In ihren Gedichten werden Räume ausgemessen, Reisen in fremde Städte und Sprachen oder zu vertrauten Orten, die fremd erscheinen oder überraschend neu wahrgenommen werden. Aber auch Reisen in die Vergangenheit, Erinnerungen an die Kindheit oder an geliebte Tote, an die Großmutter, an ihre Sprache.
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5.
Magdalena Stárková denkt, schreibt, übersetzt und bewegt sich in mehreren Sprachen - in der deutschen, tschechischen und italienischen Sprache - aber auch jiddische Worte schleichen sich ein. Ihre Gedichte werden von Worten inspiriert, so auch der Titel des vorliegenden Bandes mein nächstes erstes wort. Oder z.B. in der Stadt Lemberg von dem Celan-Wort schwarze Milch der Frühe.
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6.
Und sie schreibt über Namen - auch über ihren eigenen. Namen führen zu Geheimnissen, die hinter den biografischen Fakten liegen, fragen nach Identität, nach Widersprüchen in der eigenen Lebensgeschichte.
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Ihre Texte spielen im Spannungsfeld zwischen Norden und Süden, zwischen der norddeutschen Tiefebene und Landschaften in Südosteuropa, zwischen Bremen, Böhmen und Mähren.
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7.
In ihren Gedichten schreibt Magdalena Starkova über Jahreszeiten, über den Regen - und immer wieder über den Regen - über den Winter, oder über Frühlinge, denen man nicht trauen kann.
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8.
Unter der Lakonie der Worte liegt Melancholie - vielleicht ein Hauch von Trauer oder Schmerz – oft verdeckt von der Absurdität des Alltäglichen.
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9.
Die Bilder der Künstlerin Marie Krappmann korrespondieren auf wundersame Weise mit den Gedichten und sie gehen doch eigene Weg. Sie verstärken und stehen dazu im Kontrast. Sie lassen den Betrachter in weite, leere Räume schauen oder in eine unbestimmte Ferne. Die Farben blau und grau vermitteln Trauer und Melancholie, unterbrochen durch einfallendes Licht und aufgehellte Flächen. Verschattete oder angeschnittene Figuren stehen abgewandt, mit dem Rücken zum Betrachter, ihr Schweigen füllt die Leere der Räume, ein Echo ihrer unausgesprochenen Worte.